Sonntag, 20. März 2011

Was hilft der Bevölkerung Libyens?

Eine Diskussion unter vielen wird gegenwärtig in Spiegel online geführt.

Meine Position: Ich bin gegen alle mit der Sicherung von Menschenrechten begründeten militärischen Einsätze, die Menschenrechte einer großen Anzahl von Personen gefährden. (Also praktisch gegen alle.)
Zu groß ist die Gefahr, dass die eigentlichen Motive nicht in der Sicherung der Menschenrechte bestehen.

Das einzige Beispiel, wo meiner Kenntnis nach ein Eingreifen aus Menschenrechtsgründen sinnvoll gewesen wäre, stellt für mich immer noch die nicht erfolgte Bombardierung der Gleisanlagen nach Auschwitz dar. Selbst der Völkermord in Ruanda ist für mich in seinen damals nicht überschaubaren denkbaren Komplikationen kein klares Beispiel.
Kritik am Vorgehen der Alliierten durch die Arabische Liga. Der als notwendige Voraussetzung des Vorgehens geforderte Konsens scheint also schon wieder verloren.

Nachtrag vom 25.3.:
Die tagelange Uneinigkeit der NATO, während die Operationen schon liefen, das Abspringen Putins, jetzt die Trennung zwischen NATO-Führung des Gesamteinsatzes und Zuständigkeit der Staaten für Einzeloperationen, die offensichtlich innenpolitisch motivierte Feldherrenrolle, die Sarkozy sich als Antreiber der Aktion ausgedacht hat, die mangelnde Fassbarkeit von Verantwortlichen der Revolutionsregierung (Mit wem kooperiert die NATO, die technsche Schwierigkeit, Gaddafis Truppen getrennt von den Revolutionären anzugreifen; jetzt sind es schon so viele Komplikationen, die für den weiteren Fortgang der Operationen Schwierigkeiten bereiten, eine Exit-Strategie existiert nicht.
Dann: Die Staaten, die jetzt Gaddafi angreifen, haben ihm vorher Waffen geliefert, ihn umworben, damit er Flüchtlinge an der Flucht hindere ...
Die ZEIT vom 24.3.11 zählt (auf S.9) eine Fülle von Gründen auf, weshalb der Krieg durch die UNO-Charta nicht gedeckt ist, nur um dann zu behaupten, er sei gerechtfertigt. Freilich - und jetzt wird es stark - nur wenn - ja wenn - er die angestrebten Ziele erreicht.
Eine "wunderbare" Begründung, in den Krieg zu ziehen: Falls wir wider Erwarten alle Ziele, die wir uns gesteckt haben, erreichen sollten, dann wäre der Krieg gerechtfertigt.

's ist leider Krieg - und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
(Matthias Claudius)

Auch Darmstädt, der den Krieg gegen Libyen befürwortet, ist der Meinung, dass das Vorgehen dem bisher völkrerechtlich Üblichen nicht entspricht.

Nachtrag vom 31.3.:
Dirk Niebel meint, Großbritannien, Frankreich und Italien ginge es bei dem Einsatz in Libyen vor allem ums Öl. Matthias Krupa von der ZEIT (31.3.11, S.1) findet es "schändlich" einen solchen Verdacht zu äußern.
Dabei gehört es seit Klaus Kinkel zum neuen erweiterten Sicherheitsbegriff auch der BRD, für dass die Sicherheit der Rohstoffversorgung gesorgt wird. Im Weißbuch der Bndeswehr 2006 heißt es dazu: vgl.  auch Humanitäre Intervention, Erweiterter Sicherheitsbegriff, Stichworte zur Sicherheitspolitik (2006, pdf)
zu den aktuellen Vorgängen:
CIA und MI6 operieren seit Wochen in Libyen
Gadhafis Außenminister setzt sich nach London ab

Energiefragen werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen. [...] Deutsche Sicherheitspolitik muss auch Entwicklungen in geografisch weit entfernten Regionen berücksichtigen, soweit sie unsere Interessen berühren. [...] Deutsche Sicherheitspolitik beruht auf einem umfassenden Sicherheitsbegriff. Risiken und Bedrohungen muss mit einem abgestimmten Instrumentarium begegnet werden. Dazu gehören diplomatische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische, polizeiliche und militärische Mittel, wenn geboten, auch bewaffnete Einsätze. (Weißbuch 2006)
Damit ist auch die Ausrichtung der Bundeswehr auf Auslandseinsätze begründet, in deren Logik der Umbau der Bundeswehr zu einer Berufsarmee angestrebt wird.

Zur Vorgeschichte dieser Entwicklung vgl.Sebastian Stamm: Zwischen humanitärer Intervention und Neuen Kriegen. Neue Herausforderungen für die Bundeswehr, 2006 (pdf)

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