Sonntag, 3. April 2011

Mutiger Blick in die Zukunft

Paul Kennedys  Zukunftssicht in In Vorbereitung auf das 21. Jahrhundert (1993) (vgl. dazu auch Strüning) gründet auf seiner umfassenden Studie vom Aufstieg und Fall der großen Mächte (1987). Sie ist einigermaßen vorsichtig und wenig prophetisch. Wenn er in einem Interview von imperialer Überdehnung der USA und von einem zwangsläufigen relativen Abstieg der USA spricht, so fällt es schwer, ihm mit guten Gründen zu widersprechen.
Hemut Schmidt hatte in Die Mächte der Zukunft (2004) den Vorzug, auf Kennedy aufbauen und die von ihm angedeuteten Entwicklungen ein Jahrzehnt länger verfolgen zu können. Mir ist seine positive Sicht der diktatorischen Politik Chinas trotz allem Respekt, der den Analysen eines erfolgreichen Akteurs in der internationalen Politik zukommt, allzu pragmatisch. Die Tendenzen zur Demokratisierung auch in China sieht er m.E. zu skeptisch. Doch im Wesentlichen vermag ich seiner Prognose nicht zu widersprechen.
Parag Khanna ist in Wie man die Welt regiert (2010) als Geopolitiker noch utilitaristischer als Schmidt und auch weit präskriptiver. Er sieht nicht nur Staaten, sondern auch einzelne Konzerne, Nichtregierungsorganisationen und so gar einzelne Personen (z.B. Bill Gates) als Akteure internationaler Politik. Wenn er in seinem neusten Interview in der FR (2.4.2011) darauf hinweist, er hätte Gaddafi schon vor einem Monat ermordet (bzw. ermorden lassen), doch das sei nicht seine Aufgabe als Analysierender.
In der Tat wären die Erfolgsaussichten des miltärischen Eingreifens der Alliierten jetzt gewiss größer. Doch wie stark ein solcher Tyrannenmord von außen die Demokratiebewegung in der arabischen Welt desavouieren kann, bleibt dabei - zumindest im Interview - außerhalb des Blickfelds. So recht er hat, zu betonen, dass die arabische Welt - und schon gar die muslimische - durchaus nicht einheitlich ist, Skepsis gegenüber dem Westen und seinen Werten dürfte in diesem Bereich äußerst verbreitet sein.
Ihr unbedacht Nahrung zu geben, könnte mehr zerstören als nur die bereitwillig für Öl an den Diktator gelieferten Waffen.
Softpower, weiche Macht, wie Diplomatie und verführerisches Vorbild (vgl. Czempiel: Kluge Macht)ist stärker, als das Wort weich es suggeriert. Wichtig ist letztlich, dass der andere sich so verhält, wie man es für ein erfolgreiches Zusammenspiel braucht. Zerstörung ist seiner Ressourcen nur in wenigen Fällen eine gute Voraussetzung dafür.

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