Donnerstag, 11. August 2011

Demokratie ist, wenn sich die Mächtigen durchsetzen?

Ein guter Demokrat gibt nach. Nach diesem Motto argumentiert Kerstin Bund in ihrem Kommentar zum Stresstest zu Stuttgart 21 (ZEIT vom 28.7.2011).
Auf die Proteste gegen den Tiefbahnhof hat es das Experiment einer groß angelegten Mediation gegeben. Dazu Kerstin Bund: Die Mächtigen "hatten eine echte Mitsprache der Bürger jahrelang verhindert, Gutachten wurden unter Verschluss gehalten, Einwände beiseite gewischt. [...] Es bleibt ein Nutzbau mit unklarem Nutzwert, bei dem nur sicher erscheint, dass er teurer wird als geplant."
Und jetzt, wo bei dem vereinbarten Stresstest wieder die Bürger nicht an der Festsetzung der Kriterien beteiligt waren, sollen die Bürger nach Bunds Ansicht nachgeben. Nur so könnten die Bürger, meint Bund, "einen Demokratiestandard setzen [...], hinter dem die Republik nicht zurückbleiben darf."

Da stimmt etwas nicht.
Ein guter Demokrat sucht den Kompromiss. Dafür ist er bereit, nachzugeben. Aber wenn die Gegenseite sich über die Abmachungen hinwegsetzt, besteht er auf seinem Recht.
Die Mediation hat einen Königsweg aus dem verfahrenen Verfahren gezeigt. Wenn Grube ihn nicht geht, sondern wieder "Mitsprache verhindert" und 'Einwände beiseite wischt' (K. Bund), dann darf man das nicht auf sich beruhen lassen.Wenn solch ein Verfahren "zur Blaupause für künftige Großobjekte" (K. Bund) würde, dann wäre das binnen kurzem der Tod für jede "echte Mitsprache der Bürger" (K. Bund). Dies Experiment müsste anders ausgehen, wenn es Schule machen soll. "Ein großer Aufwand, schmählich! ist vertan" (Faust II, 5. Akt). Dabei darf es nicht bleiben.
Aber es besteht noch Hoffnung. Demokratie kann man lernen. Auch ein Konzernchef kann es. Dies Lernexperiment sollte man nicht vorzeitig abbrechen und resigniert aufgeben oder zur Gewalt greifen, auch wenn einmal mehr die Mächtigen sich gegen demokratische Spielregeln durchsetzen sollten.

Die schräg gedruckten Passagen hat die ZEIT in ihre Ausgabe vom 11.8.11 (S.71) aufgenommen.

Dort findet sich in dem Leserbrief von Dr. W. Weischet auch der Satz: 
"Sollte der Streit nun zu Ende sein müssen und sollten wir nicht mehr das Recht haben zu schreien, dann allerdings darf man auch dem durch ein unredliches Haustürgeschäft Geprellten zurufen, er solle endlich ein guter Verlierer sein." 

Nachtrag zum Stand am 13.12.12:
http://mobil.stern.de/wirtschaft/news/prestigeprojekt-s21-aufs-abstellgleis-1941118.html?mobil=1http://mobil.stern.de/wirtschaft/news/prestigeprojekt-s21-aufs-abstellgleis-1941118.html?mobil=1

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