Freitag, 8. Februar 2013

Was spricht für Schavans Rücktritt?

1) Umfrage der ZEIT: 60 % für Schavans Rücktritt. Wie viele davon kennen die Basis der Fakultätsentscheidung? Ich jedenfalls nur unvollständig. Das, was ich kenne, freilich überzeugt mich nicht. 

Dazu eine Bemerkung, die ich von Philipp Schmidt vom MIT Media Lab gehört habe: 
"Abschlüsse werden weniger interessant als die Arbeitsbiographie"
(natürlich nicht wörtlich zitiert. Nachzuhören: hier) Das gilt für Schmidt schon für Berufsneulinge.

2) Im Zusammenhang mit einem Artikel über die Plagiatsaffären bringt die Süddeutsche Zeitung jetzt Passagen, die der Gutachter kritisiert haben soll. In einer dieser Passagen weist Schavan fortlaufend daraufhin, dass sie Luhmann referiert. Das war damals ein gängiges Verfahren. Einzelne Wörter des referierten Textes als Zitat zu kennzeichnen, behindert den Lesefluss enorm. Dagegen hat man vom Autor geprägte Fachtermini in einer referierenden Passage allerdings sehr wohl durch Anführungszeichen hervorgehoben.
Andere Passagen sind dagegen in der Tat kritikwürdig. So hat sie Quellen nicht etwa nur nach der Sekundärliteratur zitiert, sondern als Zitat aus dieser Sekundärliteratur bezeichnet.
Auf S.135 der Dissertation referiert sie sogar eindeutig Piaget mit Baldwins Worten (Plagiat). Zwar zitiert sie mit der nächsten Anmerkung Baldwin selbst, doch ohne den dauerden Parallelvergleich mit dessen Text kann man das Referat zu Piaget nicht als Baldwins Wortlaut erkennen. 
Ist das mehr als ein billigendes In-Kauf-Nehmen, dass der Leser getäuscht wird? Ist das Täuschungsabsicht?
Dass Schavan selbst referiren kann, hat sie in der Arbeit (vermutlich mehr als genug) bereits bewiesen. 

Sollte nach Ansicht des Gutachters in der Fähigkeit zu referieren ein wesentlicher Teil der geistigen Leistung einer Dissertation liegen?

Schavans Rücktritt mit Begündung (ZEIT)

Kommentar (Spiegel online)

Uni Düsseldorf zu Promotion Schavan und zur Erreichbarkeit der Akten

Poersken: Über die Empörungsdemokratie des digitalen Zeitalters (2012) (Medientage München)
Mediendemokratie durch Empörungsdemokratie ersetzt.
Agendasetting von unten
Medien- und Publikumsempörung klaffen auseinander. Entfremdung zwischen Medien und Publikum, geteilte Offentlichkeit
Adhoc-Effekt regiert. Wettbewerb: Wer kann schneller, wer kann lauter? (auch bei den Medien)
Moralisierung fast aller Lebensbereiche: Verletzung von Glaubwürdigkeitsansprüchen aufgespürt.
Beispiele: Steinbrück u. Schavan Wer klar ist, macht sich angreifbar.
Angebot, sich enttäuscht zu zeigen, ist übergroß.

Nachtrag vom 20.3.14:
Gerichtsverfahren zur Promotionsaberkennung, Zeit 20.3.14
Gericht weist Schavans Klage ab, SZ 20.3.14

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