Mittwoch, 14. Oktober 2015

Vermischte europäische Zeitungsartikel von Eurotopics

Savon Sanomat - Finnland
Airlines haben Gefahr unterschätzt 
Der Abschlussbericht bringt das Versagen der Fluggesellschaften deutlich zutage, erklärt die liberale Tageszeitung Savon Sanomat: "Die Schuldfrage ist weiterhin ungeklärt. Vielleicht bekommen wir dazu mehr Klarheit, wenn die derzeit laufende strafrechtliche Untersuchung im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen ist. Einen schweren Fehler hat der Bericht der niederländischen Ermittler jedoch aufgedeckt. Obwohl in der Ostukraine schon lange vor dem Abschuss der Maschine gekämpft wurde und in der Region mehrere Militärmaschinen abgeschossen worden waren, war man allgemein der Auffassung, dass die zivile Luftfahrt normal weitergehen könne. Dies haben die ukrainischen Behörden geglaubt, Malaysia Airlines und weitere 60 Fluggesellschaften, deren Maschinen im Luftraum der Ostukraine in einer Höhe von rund zehn Kilometern flogen. So darf man nicht noch einmal denken." (14.10.2015) 

The Guardian - Großbritannien
Ukraine hat wohl nur durch Absturz überlebt 
Zwar ist noch immer unklar, ob die prorussischen Separatisten hinter dem Abschuss von MH17 stehen, fest steht, dass sie einen hohen Preis dafür zahlen mussten, analysiert Kolumnistin Mary Dejevsky in der linksliberalen Tageszeitung The Guardian: "Im Nachhinein könnte es sich herausstellen, dass die Rebellen sogar einen höheren Preis zahlen müssen als Moskau. Dieser katastrophale Fehler - und es war ein Fehler - kostete sie letztlich die lebenswichtige Hilfe aus Moskau. ... Moskaus Unterstützung, die aus meiner Sicht stets überschätzt wurde, begann im vergangenen Herbst abzunehmen. Putin wandte sich Syrien zu, die ostukrainischen Rebellen wurden weitgehend sich selbst überlassen. Das zweite Minsker Abkommen hält. Eine politische Lösung ist wahrscheinlich geworden. Die perverse langfristige Folge des Abschusses von MH-17 könnte gar das Überleben der Ukraine (ohne Krim) als einheitlicher Staat sein." (13.10.2015) 

Linie

Tages-Anzeiger - Schweiz
EU will Belarus als Puffer gegen Russland 
In Belarus ist Staatspräsident Alexander Lukaschenko am Sonntag offiziell mit 83,5 Prozent wiedergewählt worden. Beobachter der OSZE kritisierten den Wahlablauf. Dass die EU ihre Sanktionen gegen Minsk trotzdem vorerstaussetzen will, hat geopolitische Gründe, analysiert der linksliberale Tages-Anzeiger: "Mit der Begnadigung von sechs politischen Gefangenen im August hat Lukaschenko … eine zentrale Forderung der EU erfüllt. Indem die Wahlen nun immerhin ohne Massenverhaftungen abliefen, bestand Minsk den letzten Test. Mit der Aussetzung der Sanktionen vollziehen die europäischen Regierungen eine Wende in der Politik gegenüber ihren Nachbarn: Die Sanktionen wurden verhängt, weil Lukaschenko Regimegegner verfolgt. Das tut er nach wie vor. Aufgehoben werden sie jetzt aus geopolitischer Erwägung. Man braucht ihn als Puffer gegenüber Russland und als Partner für die Ukraine." (14.10.2015) 

Delfi - Litauen
Litauen braucht einen guten Draht nach Minsk 
Ein enger Kontakt mit Minsk ist in diesen Monaten insbesondere für Litauen sehr wichtig, findet das Online-Portal Delfi und erklärt warum: "Ein lebenswichtiges Thema für Litauen ist das [belarussische] AKW Ostrowets. Dieses wird knapp 50 Kilometer von Vilnius entfernt gebaut und wird mit Wasser aus dem Neris [zweitgrößter Fluss Litauens] gekühlt werden müssen. Bei einem Unfall würde ein Teil Litauens in eine radioaktiv hoch belastete Zone geraten, und im Fall eines Abflusses in die Neris wäre unser Trinkwasser sogar bis hoch nach Kaunas [zweitgrößte Stadt Litauens] verschmutzt. Somit betrifft dieses Thema die nationale Sicherheit. Es ist keine Lösung, das Thema mit einer Ausgrenzung des Lukaschenko-Regimes zu umgehen oder [Belarus] mit Tadeln zu überschütten. Im Gegenteil, gerade jetzt ist die Zeit reif für Gespräche, vielleicht sogar auf höchstem Niveau. Das Ziel dieser Gespräche wäre, Litauen vor einer möglichen Katastrophe zu schützen." (14.10.2015) 


Süddeutsche Zeitung - Deutschland
Flucht nach Europa: Merkel fährt als Bittstellerin zu Erdoğan 
Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht am Sonntag die Türkei, um mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Premier Ahmet Davutoğlu unter anderem über den Syrienkrieg und die Flüchtlingskrise zu sprechen. Merkel hat eine schwierige Mission, meint die linksliberale Süddeutsche Zeitung: "Die Flüchtlingskrise hat die EU und besonders Deutschland in die Rolle desBittstellers gedrängt. Der Umgang mit der Türkei erzwingt einen neuen Realismus. ... [Deutschland] kann sich bemühen, seine Vorstellungen einer vernünftigen Flüchtlingspolitik durchzusetzen. ... Der Preis: Die Türkei wird die Visafreiheit für ihre Staatsbürger verlangen sowie den Status als sicheres Herkunftsland trotz aller innenpolitischer Repressalien. ... Merkels Besuch darf Recep Tayyip Erdoğan nicht aufwerten, sondern muss dem zweifelnden Teil der türkischen Bevölkerung die EU-Sicht klar machen: Die Visafreiheit ist überfällig. Zu einem sicheren Drittstaat gehört aber das Ende der politischen Repression und die Rückkehr zur Versöhnungspolitik mit der Kurdenpartei HDP." (14.10.2015) 

Večernji list - Kroatien
Orbán sabotiert Adria-Baltikum Achse 
Während die meisten Staatschefs Osteuropas bemüht sind, eine strategische Achse Adria-Baltikum aufzubauen, sabotiert Ungarns Premier Viktor Orbán das Projekt immer wieder, bedauert die konservative Tageszeitung Večernji list: "Energiesicherheit und Wirtschaftswachstum sind der Schlüssel zur Unabhängigkeit von russischem Einfluss, aber diese zwei Punkte sind die Schwachstellen Mittel- und Osteuropas. Deshalb muss die Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur vom Baltikum bis zur Adria zusammengeführt werden. ... Wenn die Achse jedoch nur als Gemeinschaftsprojekt Erfolg haben kann, wie passt dann Ungarn ins Bild? ... Orbán hat im Februar Vladimir Putin in Budapest empfangen, den Russen den Bau des Kernkraftwerks Paks anvertraut und von den Russen die Verlängerung des Vertrags über eine Erdgasversorgung zu günstigeren Konditionen zugesichert bekommen - trotz der Bitten der anderen Länder, nicht in solche Solo-Projekte mit Russland einzusteigen, sondern an die gemeinsame Politik zu denken." (14.10.2015) 

Les Echos - Frankreich
Internetgiganten als Waffe gegen Terror nutzen 
Dschihadistische Organisationen nutzen Dienstleistungen großer Internet-Firmen wie Google, Facebook und Apple unter anderem zur Rekrutierung neuer Anhänger. Die Konzerne könnten im Kampf gegen Terror eine ganz andere Rolle spielen, erklärt IT-Experte Michel Lévy-Provençal in der liberalen Wirtschaftszeitung Les Echos: "Es ist nur konsequent, sich Gedanken darüber zu machen, welche Rolle diese Internetgiganten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus spielen könnten. Zumal diese im Verlauf von nur einem Jahrzehnt bewiesen haben, dass sie fähig sind, zahlreiche Lebensbereiche zu revolutionieren: Infrastruktur, Kultur, Kommunikation, Marketing und seit kurzem auch Gesundheit, Verkehr und Bildung. … Warum also nicht auch die innere und äußere Sicherheit? Wären diese Unternehmen mit ihren Spitzentechnologien nicht die beste Waffe gegen eine Bedrohung wie die IS-Miliz? Sie könnten dadurch ihre Mission weiterverfolgen, die Welt zu verändern. Und sie würden sich eine starke Position auf dem Markt für Cybersicherheit sichern, indem sie das alte Modell der Staatswaffen obsolet machen." (13.10.2015) 

GESELLSCHAFT
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Empros - Griechenland
Flucht nach Europa: Zum Hotspot auf Lesbos fehlt der Plan 
Auf der griechischen Insel Lesbos soll in wenigen Tagen ein so genannter Hotspot zur Aufnahme und Registrierung von Flüchtlingen eröffnet werden. Die lokale Zeitung Empros schreibt in ihrer Onlineausgabe, dass viele Fragen offen bleiben: "Wie diese Hotspots betrieben werden und wie die Registrierung und Identifizierung von Flüchtlingen und Migranten stattfinden wird, ist bis jetzt nicht geklärt, und die Verwirrung die daraus resultiert hilft nicht weiter. Insbesondere ist nicht klar, was mit denjenigen geschehen soll, die als [Wirtschafts-]Migranten registriert werden. Wo werden sie untergebracht und für wie lange? Dies alles muss geklärt werden. Das Ziel kann auf keinen Fall sein, sie auf der Insel zu lassen. Dies ist ein wichtiges Thema, das eine entscheidende Rolle bei der gesamten Entwicklung der Flüchtlingsthematik auf Lesbos spielen wird, und deswegen muss man verantwortungsvoll damit umgehen." (13.10.2015) 

Le Vif/L'Express - Belgien
Flucht nach Europa: Staat darf Versorgung nicht an Firmen abtreten 
Noch Ende 2014 hat die belgische Regierung die Schließung von Flüchtlingsunterkünften beschlossen - nun schreibt sie die Einrichtung neuer Wohnplätze öffentlich aus. Die Rechtsanwältin Selma Benkhelifa vom belgischen Juristennetzwerk Progress Lawyers Network wittert einen Plan dahinter, wie sie im Wochenmagazin Le Vif/L'Express erklärt: "Wir glauben nicht, dass dies aus Blindheit geschieht, sondern dass es sich um eine organisierte Krise handelt, die darauf abzielt, den Privatisierungsprozess der Flüchtlingsaufnahme zu rechtfertigen. … Flüchtlinge sind Menschen und keine Ware, deren Verwaltung einem Privatunternehmen übertragen werden kann - traurig genug, daran erinnern zu müssen. Vor allem, wenn man weiß, dass es auch um Minderjährige ohne Begleitung geht. … Die Erfahrung anderer europäischer Länder, in denen die Flüchtlingsbetreuung Privatfirmen übertragen wurde, zeigt ein zunehmendes Risiko für die Missachtung der Grundrechte der Flüchtlinge. Die Aufnahme muss Vorrecht des Staates und der Nichtregierungsorganisationen bleiben." (13.10.2015) 

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