Montag, 17. Oktober 2016

Falludscha, Aleppo, Mossul

"Kurdische Peschmerga vermelden bei der Offensive auf Mossul erste Erfolge. Der Streit um eine türkische Teilnahme zeigt aber auch, dass die beteiligten Akteure außer dem gemeinsamen Feind IS nicht viel verbindet."
Der Satz "Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst" spricht zwar etwas Richtiges aus, mir war er schon immer etwas zu pathetisch. Denn die Wahrheit kennen Menschen ohnehin nicht. Es sind immer nur Wahrheiten von verschiedenen Beobachtungsstandpunkten und in politischen Fragen immer auch unterschiedlichen Interessen aus gesehen.Aber so viel ist richtig. Im Krieg sind beide Seiten - verständlicherweise - so sehr an der Erreichung ihrer Kriegsziele interessiert, dass es schon um des Überlebens der Soldaten willen nicht in ihrem Interesse liegen kann, dass die Gegenseite auf irgendeinem Wege zu präzisen Informationen über die eigene Seite kommt. Da außerdem, um die erfolgreiche Kriegführung zu ermöglichen, die eigene Bevölkerung nicht kriegsmüde werden darf, ist es höchst unwahrscheinlich, dass eine Seite riskiert, dass die eigene Bevölkerung ein ungeschöntes Bild der Kriegsvorgänge erhält, bevor man nicht des Sieges gewiss ist.
Unsere Erfahrung mit den beiden Weltkriegen hat gezeigt, dass 50 Jahre bei einem großen Konflikt kaum ausreichen, um Historikern zu ermöglichen, ein halbwegs verlässliches Bild der Zusammenhänge zu zeichnen. Beim Ersten Weltkrieg war die Kriegsschuld 50 Jahre lang sehr umstritten, und einig sind sich die Historiker heute noch nicht. Beim Zweiten Weltkrieg gilt Ähnliches von der Rolle der deutschen Wehrmacht. Dies vorausgeschickt, wird man vielleicht nicht ganz unverständlich finden, dass ich nicht glaube, dass wir als deutsche Staatsbürger noch nicht die Voraussetzung haben, zu beurteilen, von welcher Seite im Laufe des Kriegsgeschehens in Syrien und und im Irak am Ende der Kriege die wenigsten Kriegsverbrechen begangen worden sein werden. Ist doch noch nicht einmal klar, ob man am Schluss überhaupt von zwei Seiten sprechen kann oder ob nicht so viele unterschiedliche Ziele verfolgt werden, dass man im Grunde nur für jeden einzelnen Konfliktpartner bestimmen kann, wie viele Kriegsverbrechen ihm zuzuschreiben sind bzw. welche Opfer unvermeidlich waren. Wie viel zivile Opfer darf die Eroberung einer Millionenstadt kosten?

Falludscha Die Wikipedia erwähnt in der Überschrift nur die Besetzung durch den IS, aber es geht natürlich auch um die Eroberung der Stadt und wie viele - und insbesondere wie viele zivile - Opfer sie kostete.
Aleppo Hier lautet die Überschrift der Wikipedia neutraler: Bürgerkrieg. In beiden Fällen bietet der Angreifer freien Abzug an, der von den Belagerten/Angegriffenen - aus welchen Gründen auch immer - nur wenig genutzt wird.
Mossul Hier hat der IS keinerlei Zweifel gelassen, dass er in großem Umfang Kriegsverbrechen begangen hat. Ob am Ende des Krieges die Zahl der Bombenopfer auf Grund der Angriffe der IS-Gegner nicht höher sein könnte als die Zahl der Opfer des Terrors durch den IS, ist noch nicht ausgemacht.

EU-Kommissar warnt vor Folgen der Mossul-Offensive SPON 18.10.16
"Der Irak und seine Verbündeten wollen den IS aus Mossul vertreiben. EU-Sicherheitskommissar Julian King warnt: Im Fall einer Rückeroberung könnten gewaltbereite IS-Kämpfer nach Europa kommen."

Russland und Syrien unterbrechen Luftangriffe auf Aleppo ZEIT online 18. Oktober 2016
"Es ist ein Hoffnungszeichen für die eingekesselten Menschen in Aleppo: Die Bombardements auf die syrische Stadt sollen ausgesetzt und Fluchtkorridore geöffnet werden."

Internationale Pressestimmen:

Was kommt nach der Mossul-Offensive?  (eurotopics 18.10.16)
"Die irakische Armee und ihre Verbündeten haben am Montag eine Offensive auf Mossul gestartet. Damit soll die wichtigste von der IS-Miliz beherrschte Stadt im Irak zurückerobert werden. Die seit Monaten vorbereitete Offensive wird europaweit kommentiert - insbesondere mit Blick auf eine mögliche Nachkriegsordnung in dem Land."

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