Mittwoch, 1. Februar 2017

Förderung von DEMOKRATIEFÄHIGKEIT (Beitrag zur Blogparade)

Wenn Bürger mit "der" Demokratie unzufrieden sind, braucht es nicht an mangelnder demokratischer Einstellung der Bürger zu liegen, sondern könnte auf  eine problematische Einseitigkeit zurückzuführen sein, mit der sich repräsentative Demokratie heute präsentiert.
Viele Wähler der AfD sind überhaupt nicht für deren Ziele, sondern wollen nur gegen bestehende Verkrustungen einer fortwährenden Großen Koalition und fehlende Einflussmöglichkeiten der Wähler protestieren.
Könnten Wähler - wie es in anderen Ländern möglich ist, eine Proteststimme abgeben, brauchten sie weder in Wahlenthaltung zur zur Wahl populistischer Parteien auszuweichen.
Dies ist nur eine Möglichkeit die der Thüringer Landesverband des Vereins "Mehr Demokratie" als Reformideen ins Gespräch bringt.

"[...] Zudem soll eine sogenannte Proteststimme eingeführt werden. Damit könnten alle Stimmberechtigten, die keine der Parteien wählbar finden oder ihren Protest gegen das Gesamtangebot ausdrücken wollen, sich dennoch artikulieren. Sie müssten ihren Unmut nicht mehr ausdrücken, indem sie eine Partei mit extremistischen Positionen wählen oder ganz zu Hause bleiben, sagte Beck. Diese "Proteststimmen" sollten als Teil des Wahlergebnisses auch bekanntgegeben werden.

Um den Wahlgang zu erleichtern, könnten außerdem die Briefwahlunterlagen automatisch mit der Wahlbenachrichtigung verschickt werden. Diese Praxis sei aus der Schweiz und den USA bekannt. Die Beteiligung an den Thüringer Landtagswahlen hatte 2014 ihren Tiefpunkt erreicht. Damals gingen nur 52,7 Prozent der Stimmberechtigten in die Wahllokale. Dem gegenüber steht der Höchstwert aus dem Jahr 1994 mit 74,8 Prozent.

Falls vor den nächsten Landtagswahlen, voraussichtlich im Herbst 2019, keine Wahlrechtsreform mehr zustande kommen sollte, schlägt "Mehr Demokratie" vor, die "Proteststimme" bei den Kommunalwahlen zu erproben. Dafür wäre eine Änderung des Kommunalwahlgesetzes notwendig. "In den Gemeinden, Städten und Landkreisen ließen sich Erfahrungen mit einem modernisierten Wahlverfahren sammeln. Bewährtes könnte später für die Landtagswahl eingeführt werden", sagte "Mehr Demokratie"-Landessprecher Beck.[...]"

Die allgemeineren Überlegungen, die hinter diesen Reformvorschlägen stehen, erläutert Landessprecher Ralf -Uwe Beck in seinem Papier Die neue Angst vor der direkten Demokratie– ein Kommentar anlässlich der Referenden 2016 vom 11.10.2016:

"[...]
6. Wer der AfD nicht weiteren Zulauf bescheren will, sollte die direkte Demokratie zum Thema machen 
Wer der AfD nicht weiteren Zulauf bescheren will, sollte ihr das Thema „direkte Demokratie“ nicht überlassen, sondern es selbst zum Thema machen. Rund 80 Prozent der Bevölkerung befürworten die Einführung des bundesweiten Volksentscheids. Das bestätigen Umfragen regelmäßig. Lassen Parteien, die sich bisher für die direkte Demokratie eingesetzt haben, das Thema jetzt fallen, nähern sich gegebenenfalls Wähler/innen, denen das Thema am Herzen liegt, der AfD. Beispielsweise gehört die direkte Demokratie seit dem Gothaer Parteitag 1875 zum Forderungskatalog der deutschen Sozialdemokratie. Eine solche Tradition sollte nicht verschämt unterschlagen werden, nur weil die AfD auf den Zug aufgesprungen ist. Ebenso selbstverständlich fordern bisher Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE einen Ausbau der direkten Demokratie.

7. Die direkte Demokratie als „Frustschutzmittel“ Die direkte Demokratie garantiert keine „guten“ Entscheidungen. Aber sie beendet das Schwarze-Peter-Spiel, in dem die Menschen alle Zustände allein der offiziellen Politik anlasten, weil sie den Bürger/innen echte und faire Möglichkeiten bietet, eine Sache notfalls selbst in die Hand zu nehmen. Der Finger, mit dem Menschen auf „die Politik“ zeigen und meinen, „die da oben machen doch sowieso, was sie wollen“, kehrt sich mit der direkten Demokratie auf sie selbst zurück: Sie können, wenn sie mit „den Politiker/innen“ nicht einverstanden sind, von ihnen unabhängig eine direkte Entscheidung anstreben. So gesehen, ist die direkte Demokratie ein „Frustschutzmittel“. Schließlich schaffen es Demagog/innen und Populist/innen leichter, das Volk gegen „die da oben“ in Stellung zu bringen, wenn die Bürger/innen von Entscheidungen ferngehalten werden. [...]

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