Donnerstag, 19. Oktober 2017

Welche Folgen hat die MeToo-Kampagne?

Tausende Frauen haben in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag MeTooihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt geschildert. Sie reagierten damit auf das Bekanntwerden von Vorwürfen gegen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein, der jahrzehntelang Schauspielerinnen belästigt und vergewaltigt haben soll. Einige Kommentatoren loben den Mut der Frauen, andere finden die Kampagne kontraproduktiv.
HELSINGIN SANOMAT (FI)

Darüber reden verhindert Machtmissbrauch

Warum es lobenswert ist, dass die Frauen mutig ihre Erfahrungen preisgeben, erklärt Helsingin Sanomat:
„Es ist kein unschuldiger Scherz, normale Machokultur oder harmloses Streicheln, wenn der oder die andere das nicht will. Die Grenze zu ziehen ist nicht immer einfach, was es für das Opfer oft schwierig macht. … Letztendlich geht es um Macht. Belästigung geschieht häufig aus dem Schutz einer Machtstellung heraus, die die Rolle des Vorgesetzten, wirtschaftliche Abhängigkeit oder physische Stärke bietet. Schweigen fördert den Machtmissbrauch. Deshalb muss jetzt darüber geredet und das Problem angegangen werden.“
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THE DAILY TELEGRAPH (GB)

Hohler Hashtag-Feminimus spaltet nur

Die Kampagne in den sozialen Netzwerken wird Männer und Frauen gegeneinander aufbringen, fürchtet Kolumnistin Zoe Strimpel in The Daily Telegraph:
„Dieser Bewegung fehlt die intellektuelle Stimmigkeit, die unsere feministischen Vormütter in den 1970er- und 1980er-Jahren auszeichnete. Sie ist besessen von den Themen Sex und Objektivierung, anstatt sich mit anderen Formen der Diskriminierung zu befassen. Und sie ist nicht imstande, jene Argumente vorzubringen, die jene umstimmen könnten, bei denen das am dringendsten nötig wäre. ... Keine noch so große Zahl von spalterischen Hashtags kann das jemals erreichen. Damit werden nur bittere Phrasen bestätigt und tiefer verwurzelt, die Männer und Frauen gegeneinander aufbringen - in einer Form, die rückschrittlich, aber nicht wirkungsvoll ist.“
Zoe Strimpel
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24 CHASA (BG)

Komplimente wird Mann ja wohl noch machen dürfen

Der Fall Weinstein zeigt, dass die Frauenbewegung in den USA mächtiger ist denn je, schreibt die in Los Angeles lebende Kolumnistin Irina Asiowa in 24 Chasa:
„Die Frauen in den USA haben die Männer mittlerweile so fest an den Eiern gepackt, dass man nur noch ein jämmerliches Winseln vernimmt, was im Fall von Weinstein ganz recht ist. Männer wie er haben es verdient, dass sie öffentlich geächtet und ihre Karrieren und Familien zerstört werden. Während die amerikanischen Frauen jubeln, entgeht ihnen aber eine klitzekleine Kleinigkeit: Die Männer sollten durchaus kontrolliert, nicht aber kastriert werden. … Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der meine Rechte als Frau geschützt sind, es sollte aber nicht so weit gehen, dass die Männer sich nicht mehr trauen, mir ein Kompliment zu machen.“
Irina Asiowa
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DIE WELT (DE)

Weinstein ist allgegenwärtig

Der wahre Skandal ist, wie weit das System sexueller Ausbeutung verbreitet ist, findet Die Welt:
„Glaubt irgendjemand, das System sei auf Hollywood beschränkt? In Schulen und Universitäten, Firmen und Verwaltungen, Kirchen und Medien, in Amerika und Europa, im Sozialismus und im Kapitalismus, in demokratischen und autoritären Systemen: mächtige Männer glauben immer noch, von Frauen eine Aufgabe ihrer Menschenwürde als Lohn für Gefälligkeiten verlangen zu können. Dass manche Frauen glauben, den Deal eingehen zu können, ohne eine Beschädigung zu erleiden, ist in der Regel eine ihrer Unerfahrenheit geschuldete Selbsttäuschung. Vielleicht wurden sie schon beschädigt; vielleicht war ihre Selbstachtung ohnehin nicht sehr hoch.“
Alan Posener
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