Samstag, 7. April 2018

Die Lehren von 1968

Zwei Familienangehörige von Persönlichkeiten, die 1968 bzw. danach hohe politische Aufmerksamkeit erfuhren, haben Bücher zu 1968 veröffentlicht:

Gretchen Dutschke: 1968. Worauf wir stolz sein dürfen. 2018
                Rezension in der SZ

Bettina Röhl*:  Die RAF hat euch lieb - Die Bundesrepublik im Rausch von 68
*Tochter von Ulrike Meinhof

Beide überbewerten - sehr verständlicher Weise - die Rolle ihrer Familienangehörigen.
Die Jahre 1966 und 1967 waren die Jahre, in denen Bewegung in die deutsche politische Landschaft kam:
der Kampf gegen die Notstandsgesetze
der Protest gegen den Vietnamkrieg, der von den USA aus auf Deutschland übergriff
der Unmut über die Große Koalition von 1966, die die parlamentarische Opposition (nur die kleine FDP) reduzierte und so die Bildung einer außerparlamentarischen Opposition (nicht nur gegen die Notstandsgesetze!) provozierte
der Protest gegen die Hofierung von Diktatoren
die Studentenproteste gegen schlechte Studienbedingungen

All das war da, als es am 2.6. 1967 bei den Demonstrationen gegen den Schah in Berlin zur Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg kam.
Dieser Vorgang und die wenig geschickte Reaktion des  regierenden Bürgermeisters Albertz führte dazu, dass die Studentenproteste sich politisierten, weil ein unschuldiges Opfer in die Märtyrerrolle kam.
Nach den Schüssen auf Rudi Dutschke eskalierte die Gewaltanwendung. Das führte dazu, dass sich viele linksliberalen Studenten von der Studentenbewegung entfremdeten. Nach der Wahl Heinemanns zum Bundespräsidenten, der demonstrativ den Dialog mit den Protestierern suchte, und der Wahl Brandts zum Kanzler, der mit seinem Motto "Wir wollen mehr Demokratie wagen" den Weg zum "Marsch durch die Institutionen" öffnete, zerfiel die Studentenbewegung in Splittergruppen.
Wer geglaubt hatte, es gäbe in der Bundesrepublik einen Weg zu einer Mehrheit links von der SPD wurde eines Besseren belehrt. Wer trotzdem an der Revolution festhielt, dem blieben nur Vorbilder außerhalb Europas oder der Weg zur Gewalt.

Das ist meine Beurteilung. 
Dass Gretchen Dutschke das, was ihr Mann ohne Gewalt erreicht hatte, festgehalten sehen will, ist sehr verständlich. Dass Bettina Röhl von Lehrern abgestoßen wurde, die beim Marsch durch die Institutionen noch an Vorstellungen der Studentenbewegung festhielten, die inzwischen durch die Erfolge der sozialliberalen Regierung überholt und durch die Gewaltanwendung der RAF desavouiert waren, ist bei ihren persönlichen Erfahrungen mit der RAF ein Glück. 
Es gab mehr als genug Nachfolger auf dem blutigen Weg der RAF.

Die Lehren aus den Vorgängen von 1966 bis 1968 wurden zum Glück 1969 gezogen. Sie scheinen aber - nicht zuletzt in der SPD - weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein.

1968 war aber nicht nur das namensgebende Jahr für die deutsche Studentenbewegung, sondern mit der Gründung des Club of Rome auch der Beginn der Aufklärungskampagne über die Notwendigkeit nachhaltiger Wirtschaft.
1992 schienen in Rio die Konsequenzen daraus gezogen zu werden. Die Folgejahre zeigten, dass dies nur sehr unvollständig geschah. 
Mehr dazu: 50 Jahre Club of Rome - Zeit für aufgeklärtes Handeln

Deutschland '68 (Video)

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